USA 1999
Crew: Regie Produzent Drehbuch Musik Kamera |
Tim Burton Scott Rudin Washington Irving & Andrew Kevin Walker Emmanuel Lubezki Danny Elfman |
Darsteller: Johnny Depp .... Ichabod Crane Christina Ricci .... Katrina Van Tassel Christopher Walken .... Headless Horseman Miranda Richardson .... Old Crone Michael Gambon .... Baltus Van Tassel Michael Gough .... Hardenbrook Richard Griffiths .... Phillipse Jeffrey Jones .... Steenwyck Lisa Marie .... Lady Crane Ian McDiarmid .... Doc Lancaster Casper Van Dien .... Brom Van Brunt Steven Waddington .... Killian |
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Inspiriert von den Filmen der legendären britischen Hammer-Studios drehte Hollywood-Quergeist Tim Burton ("Mars Attacks!") eine schaurig-schöne Horror-Romanze, die auf einem berühmten amerikanischen Volksmythen basiert: der Legende vom kopflosen Reiter. Johnny Depp verkörpert in seinem dritten Film für Burton den New Yorker Polizisten Ichabod Crane, der in den entlegenen Marktflecken Sleepy Hollow geschickt wird, um eine rätselhafte Mordserie aufzuklären. Die Dorfältesten erzählen, ein kopfloses Gespenst habe die Schandtaten verübt. Aber Ichabod glaubt nicht an Geister und Dämonen ...
"Sleepy Hollow" ist die bislang perfekteste Symbiose der bizarren Phantasiewelten des Tim Burton. Das nostalgische Horrormärchen vereint den morbiden Look von "The Nightmare Before Christmas" mit der Comicästhetik der "Batman"-Filme sowie dem kryptischen Witz von "Edward mit den Scherenhänden" und "Beetlejuice".
Heiko Rosner, Cinema
Tim Burton ("Mars Attacks"), Meister des Makabren, meldet sich mit einer respektvollen Hommage an den Hammer-Horror zurück. Unter verheißungsvoller Mitwirkung einschlägiger Genregrößen (Andrew Kevin Walker, Francis Ford Coppola, Danny Elfman, Kevin Yagher und Ray Park) kündigte sich eine "Episode 1" für Fantasy-Fans an. Bildschöne, jedoch leblose Bilder, eine träge und einfallslose Story und mäßige Schauspieler kennzeichnen den Gothic-Grusel. Leidlich blutige und spannende Momente sollen diese Mankos kompensieren, doch auf die Intensität von Burtons "Edward mit den Scherenhänden" oder die pechschwarzen Ideen seiner Vorlage für "Nightmare Before Christmas" muss man verzichten. Eine optisch atemberaubende, inhaltlich kopflose Schauermär.
Film.de
Grimms Märchen neu erzählt
Auf einer gewissen Ebene ist Tim Burtons letzter Streich so "sleepy", dass einem glatt die Zehen einschlafen, doch wie einem charmanten Kind muss man ihm das Fehlen jeglicher Charakterentwicklung und den hauchfeinen Plot Widerwilligerweise verzeihen.
Wer also seinen Sarkasmus und Drang zum Dekonstruktivismus zu Hause lässt, und über Ego und Überego hinweg zur vergrabenen Kindheitsebene der Psyche zurücksteigt, dort wo Grimms Märchen, der Alp und der Sandmann ihr endloses Unwesen treiben, für den ist "Sleepy Hollow" eine visuelle Offenbarung. Übersteigert stilisiert und so monochrom, dass fast der Eindruck entsteht er wäre schwarz-weiß, erinnert die Schauermär an Horrorfilme aus den 50er- und 60er-Jahren. Das war auch der Zweck: Burton wollte den theatralischen und malerischen Effekt von alten Hammer-Filmen, das monochrome und kontrastreiche Flair. Die Stadt sollte "heimgesucht" wirken und die Schauspieler auf altmodische Weise überspitzt und etwas steif, wie die Produktionsnotizen berichten.
Das Ergebnis ist ganz Kulisse, ganz Fassade, denn den Charakteren fehlt jegliche menschliche Tiefe, die Interaktion der Figuren verpufft wie Wasserdampf, der Plot dehnt und streckt sich ohne Sinn in absurde Himmelsrichtungen und die Dialoge stehen leer in Zeit und Raum. Pubertäre Schulmädchen, die fiebernd Anne Rices einsubstanzielle Vampirromane verschlingen, werden ihre helle Freude daran haben. Schließlich ist unser hasenfüßiger Held kein anderer als Johnny Depp und sein romantisches, weibliches Counterpart Indie-Nixe Christina Ricci, ganz reizend in blondgelockter Pracht und hellem Puder.
(...) Hin und wieder schwenkt die Kamera in die Vergangenheit, wo man einen jungen Ichabod in einträchtiger Glückseligkeit mit seiner Mutter sieht, ein Szenenwechsel, der Tim Burton erlaubt, seine Lebenspartnerin Lisa Marie (als Ichabods Mama) in ihrer ganzen kurvigen Pracht ins rechte Licht zu rücken. Die farbigen Segmente bieten einen reizvollen Kontrast zum edlen Grau-in-Grau der Gegenwart, doch für Plot, Verständnis und Zusammenhänge haben sie keine Funktion. Tim Burton war in diesem verspielten Werk gar zu bereit, seiner surrealen Vision alles zu opfern. Christina Riccis (in der Rolle der Katrina van Tassel) Schauspieltalent und angeborene Gruselschönheit ("Addams Family") wurde achtlos verschüttet. Johnny Depp, ein Favorit Burtons, mit dem er schon in "Edward mit den Scherenhänden" und "Ed Wood" kooperiert hatte, darf gewollt hölzern glänzen, in Mimik, Artikulation und trotteliger Slapstick-Gestik, doch was kann ein Mann allein schon gegen solch einen visuellen Tornado ausrichten? Herzlich wenig.
An seidenen Fäden hält Burton auch die Britin Miranda Richardson als Lady Van Tassel, der in Großbritannien sehr geschätzte Michael Gambon als Baltus van Tassel, der reichste Mann in "Sleepy Hollow", und Paradebösewicht Christopher Walken als "Hessischer Reiter". In weiteren Rollen sind zu sehen Casper van Diem ("Starship Troopers") als Brom Van Brunt und Christopher Lee in einem Cameo als New Yorks Buergermeister, der Ichabod in die kleine holländische Stadt im Norden verbannt - alles in allem ein Cast, das sich sehen lassen kann. Wie Marionetten in einem Puppentheater.
Komponist Danny Elfman, seit Jahren softhorrorerprobt, gibt sein Bestes. Er weiß genau, welche bleichen Knochen des musikalischen Skeletts er anstoßen muss, um einen emotionalen Hintergrund zu flechten, der an den richtigen Stellen eine Gänsehaut verursacht. Wie auf einem fliegenden Teppich tragen uns die Noten von einer Szene zur nächsten und fast lässt uns seine Komposition dass Blut gerinnen.
In den USA ist die Legende von "Sleepy Hollow", aus der Feder Washington Irvings, eine der wenigen, klassischen Horrormärchen des Landes und hat sentimentalen Traditionswert. Da drückt man gern ein Auge zu. In der europäischen Geschichte, wo es von abergläubischen Mären, kopflosen Rittern und Rächern nur so wimmelt, wird man wohl weniger nachsichtig auf Burtons Bilderschleier blicken und sich fragen, ob noch etwas dahinter steckt. Ergo: ein zwar bekömmliches Hexenrezept, dem aber das Fleisch und Blut fehlt. Ungefähr so nahrhaft wie eine Hostie.
Film.de
Mit subtilem Humor gelingt es Tim Burton, die Horrorgeschichte in eine Komödie zu verwandeln. Natürlich leben alle Burton-Filme auch immer vom Produktionsdesign, das war bei "Mars Attacks!" und den beiden Filmen mit Johnny Depp "Edward mit den Scherenhänden" und "Ed Wood" nicht anders. Doch hier paart Burton das ganze noch mit überzeugend gelungenen visuellen Effekten. Auch die schon mehrfach ausgezeichneten Kostüme sollen nicht unerwähnt bleiben. Die Tatsache, dass das Drehbuch bei allen Nominierungen ausgelassen wurde, ist allerdings berechtigt.
030-Kino.de
Tim Burtons SLEEPY HOLLOW überzeugt vor allem durch die hervorragend durchkomponierten Bilder, die wieder einmal eine eigene, atmosphärisch stimmige Welt erschaffen.
Der Geschichte vom Constable Icabod Crane (Johnny Depp), der im abgeschiedenen Dorf Sleepy Hollow einen (zunächst) dreifachen Mord untersuchen soll, fehlt ein wenig Biß; aber das wunderschöne Englisch und die Art, wie über die Ansichten Cranes schließlich auch der Zuschauer das Übersinnliche als selbstverständlich neben der Logik akzeptiert, entschädigt weitgehend. Schon der Besetzung mit Johnny Depp, Christina Ricci, Christopher Lee, Martin Landau und Christopher Walken kann man kaum widerstehen, auch wenn die letztgenannten nur Kurzauftritte hatten und Walkens Dialoge lediglich aus bedrohlichen "Ohh"s bestanden.
SLEEPY HOLLOW reicht nicht an den oft völlig unterschätzten, ausgezeichneten BATMAN RETURNS heran, ich würde ihn mir aber dennoch nicht entgehen lassen.
Kurotokages Filmkritiken, 30.01.2000
Die Geschichte vom Kopflosen Reiter gehört zu den alten amerikanischen Horrormythen und soll in den USA allgemein bekannt sein. Regisseur Tim Burton gelang nach Washington Irvings Story "The Legend of Sleepy Hollow" ein wunderbar grausiger Horrorfilm, mit traditionellen Bildern und einigen originellen "Twists". Die schaurigen Farben versinken dabei fast im Schwarzweiß. Danny Elfmans Musik allein sorgt schon für Gänsehaut. Burton ist spürbar ganz in seinem Element. Er bewundert und imitierte den Stil der Horrorfilme aus den Fünfzigern und Sechzigern der letzten Jahrhunderts, vor allem den der legendären Hammer-Produktionen.
(...) Vor allem durch die Rolle Johnny Depps als Hightech-Clown mit geheimnisvollen Malen an den Händen fügt sich Spaß zum spannenden und schaurig schönen Schrecken. Bereits als "Edward mit den Scherenhänden" und als "Ed Wood" spielte Depp für Tim Burton. Als "Hessian Soldier" - ein hessischer Legionär - lässt Christopher Walken seine geschliffene Schauspielkunst aufblitzen. Christina Ricci erfüllt die Erwartungen, die man an eine ehemalige Tochter der "Addams Family" hat. Dazu gibt es Kurzauftritte vom Alt-Vampir Christopher Lee und von Martin Landau.
Günter H. Jekubzik
(...) Zum zweiten Mal binnen kürzester Zeit (nach Roman Polanskis THE NINTH GATE) spielt Johnny Depp hier den Archetyp eines detektivischen Aufklärers, und auch diesmal muss er die Grenzen seiner Vernunft überschreiten und bitter erfahren, dass es vielleicht doch Dinge gibt, die eine bis dato gut funktionierende Weltordnung ins Wanken bringen können. Anders als der Buchjäger Dean Corso bei Polanski ist Depp diesmal weniger der Detektiv als Flaneur und Künstler des Oberflächlichen. Eher wie ein Archäologe geht er vor, der Schicht für Schicht abträgt, um dem Unglaublichen auf die Spur zu kommen.
Und weil sein Regisseur Tim Burton heißt, kann diese Figur gar nicht ohne viel Komik existieren, muss sie sich immerzu verhaspeln und verstolpern auf ihren kopflosen Erkenntnisversuchen. Der Vernunftmensch Ichabod Crane ist – weit mehr als in Washington Irvings Novelle "The Legend of Sleepy Hollow", der Vorlage des Films, die Burton und sein Autor Andrew Kevin Walker (der auch das Script für SEVEN schrieb) freilich glücklicherweise sehr in Richtung Slasher-Comedy frei interpretiert – auch gleich sein eigener dummer August dazu. Seine Würde ist die eines sehr geschätzten guten Menschen, den wir gleichwohl nie ganz ernst nehmen können – bis er eines Tages sich höchst wunderbar bewährt.
Eine weitere Glanzrolle hat Christina Ricci, nicht minder Ichabods Gegenpart als der kopflose Reiter. Sie ist Katrina Van Tassel, Tochter des reichsten Mannes im Ort, und schnell das Objekt von Cranes heimlicher Begierde. Nur ist die junge Dame nicht nur verführerisch, sondern auch ziemlich mysteriös, und so begegnet Ichabod in Katrina nicht nur der Vernunft das Gefühl, also das von der Vernunft zugelassene Irrationale, sondern auch das Verbotete: Mystizismus, Esoterik, Hexenwahn. Die Frau als Zauberin, wenn auch – "nicht alle Magie ist notwendig schwarz" – als gute Fee, die schließlich in Dienst der Aufklärung tritt, und den Helden erlöst. Letzteres geschieht im Film vor allem dadurch, dass ein Zusammenhang Katrinas mit der Mutter Ichabods konstruiert wird – auch die war eine (gute) Hexe, wurde deshalb hingerichtet. So erhält Ichabod nicht nur eine psycholoische Vergangenheit, die seinen einseitigen Rationalismus erklärt, rechtfertigt und relativiert in einem Stück, in der schließlichen Vereinigung mit Katrina kann flugs auch noch die verlorene Mutter wiederfinden und sein Trauma kurieren.
Schließlich der Ort. Für Burton ist diese Gemeinschaft holländischer Farmer in der Frühphase der Besiedlung Amerikas kein Ort nostalgischer Besinnung. Findet man bei Irving noch den gütigen Blick auf die Gemeinschaft der Pioniere, erscheint die zu erobernde Wildnis im milden Licht romantischer Naturbetrachtung und -verehrung ist bei Burton davon nichts zu spüren. Stattdessen: Sarkasmus pur.
In all seinen Filmen – unter anderem EDWARD SCISSORHANDS, MARS ATTACKS! - ist Tim Burton ein Meister skurrillen Humors, grotesk verspielter Ausstattung, poetisch versponnener Bilder. In den beiden ersten BATMAN-Filmen gelang es ihm zudem, der Comic-Figur zusätzliche mythische Dimensionen zu verleihen. Dynamisch und voller Überraschungen sind seine Filme immer. All' diese Tugenden findet man auch in SLEEPY HOLLOW. Hinzu kommt aber diesmal ein Stoff, den der Regisseur – bei aller Lust an der Abschweifung – spürbar ernster nimmt, als frühere Filme.
Vieles erinnert an alten Horror-Pop: von James Whales anrührenden FRANKENSTEIN-Filmen aus den 30er Jahren bis hin zu den Trash-Spektakeln der britischen Hammer-Studios aus den 60ern und 70ern. Erzählt wird die romantische, im phantastischen Stil der gothic novels gehaltene Geschichte in wunderbar komponierten, atmosphärisch dichten, grandiosen Bildern, an denen man sich gar nicht sattsehen mag.
Darum ist SLEEPY HOLLOW auch gar nicht so sehr der Horrorfilm, als der man ihn vermarktet. Schon wahr: die Köpfe rollen, und nicht wenige Figuren verlassen die Leinwand vor der Zeit. Auch geht es wieder einmal in die Wälder, die man spätestens seit THE BLAIR WITCH PROJECT als beliebten Schauplatz zur Angstentfaltung im amerikanischen Kino wiederentdeckt, weil man hier nicht nur eigenen Urängsten sondern auch dem Unterholz des amerikanischen Traums begegnet.
Doch so richtig zum Fürchten ist das alles selten, auch Angst und Grauen sind, so zeigt Burton, vor allem lächerliche Dinge. Eher schon wohnt man einer Etüde bei, einem Gedicht, das Motive aus Aufklärung und Romantik varriiert und zu einem poppigen Ganzen verschmilzt. Und am Ende hat man begriffen, dass auch die Aufklärung zwar manchmal kopflos werden kann, schließlich aber doch immer Früchte trägt.
Rüdiger Suchsland, Artechock
(...)"Sleepy Hollow" basiert auf einer klassischen Erzählung von Washington Irving. Regisseur Tim Burton ("Batman") beweist mit seinem neuen Werk einmal mehr seinen Hang zu bizarren Storys. Seinem Lieblingshauptdarsteller Johnny Depp gelingt die Verkörperung des modernen Großstädters, dessen Weltbild an einem abgelegenen Ort demontiert wird, wie schon in Jim Jarmuschs "Dead Man" sehr treffend.
Originelle Anspielungen auf legendäre Horrorfilme wie eine Vogelscheuche, die einen Kürbiskopf à la "Halloween" trägt, lockern den merkwürdigen Plot auf. Die Angst der New Yorker vor dem bevorstehenden Jahrhundertwechsel ist ein gelungener Seitenhieb auf den gerade vorübergegangenen Millenniumswahn.
"Sleepy Hollow" ist eine geradezu absurde Geschichte, der es an jeglicher Realitätsnähe mangelt. Zwar ist der Film optisch hervorragend umgesetzt, blasse Farben und viel Nebel kreieren eine bedrohliche Geisteratmosphäre, doch die hauchdünne Handlung fesselt nicht gerade an den Kinosessel. Denn was in den nächsten Minuten passieren wird, ist immer klar: Mindestens ein Kopf wird rollen.
Die einzige Spannung entsteht dadurch, dass man meist nicht ahnen kann, wer der nächste Tote sein wird. Allgemein fließt viel zu viel Blut. Also: nichts für schwache Nerven. Aber auch Genrefans werden vielleicht enttäuscht, denn die Morde nach Schema F und die ekelerregenden Splatterszenen mit ihren rollenden Köpfen nutzen sich nach einer Weile gehörig ab.
Florian Treiß , Braunschweiger Zeitung 26.02.2000