Thriller, Frankreich/Spanien 1999 | |
Dt. Titel | Die neun Pforten |
Regie
Produzent Drehbuch Schnitt Musik Kamera |
Roman Polanski
Wolfgang Glattes, Iñaki Núñez, Roman Polanski und Alain Vannier John Brownjohn und Roman Polanski Herve de Luze Wojciech Kilar Darius Khondji |
Darsteller | Frank
Langella (Boris Balkan)
Johnny Depp (Dean Corso) Lena Olin (Liana Telfer) James Russo (Rodero Bernie) Emmanuelle Seigner (Das Mädchen) Barbara Jefford (Baroness Kessler) Jack Taylor (Victor Fargas) Jose Lopez (Pablo and Pedro Ceniza) |
Inhalt & Kritiken
Dean Corso (Johnny Depp) ist eher ein Bücher-Jäger als ein -Liebhaber: Jung und rücksichtslos, immer mit einer Kippe im Mund und ohne Freunde, zumindest nachdem der letzte von ihnen rituell nach Vorlage holzschnittartig umgebracht wurde. Inmitten einer Geschichte um Dämonen und Hexen glaubte Corso nur an seine Prozente und wurde deshalb auch engagiert. "Niemand ist vertrauenswürdiger als ein käuflicher Mensch," meint Boris Balkan. In dessen eindrucksvoller Bibliothek hoch über New York mit dem Teufel als Hauptakteur erhält Corso den Auftrag, drei Bücher zu prüfen. "Die neun Pforten zum Reich der Dunkelheit" wurden 1666 in Venedig gedruckt, angeblich unter Mithilfe des Teufels. Bei seinen Reisen zu den verschrobenen Besitzern der Büchern in Portugal, Spanien und Frankreich kommt der naive Corso langsam hinter ein Rätsel, das in den neun Holzschnitten der Bücher verborgen ist. Selbstverständlich sind auch andere hinter den wertvollen Bänden her, vor allem die Witwe (Lena Olin) mit ihrem schlagkräftigen Helfer. |
Des Teufels Buchhändler
Neben all den Filmen, die sich am falschen Jahrtausend-Wechsel - das wahre Y2K-Problem - aufhängen, oder an der teuflischen 666 im umgedrehten Jahr 1999, wird allein dieser neue Polanski als Film Bestand haben. Ohne dass man das sensationelle Element, das Besondere herausdeuten kann, erzählt der mittlerweile 66-Jährige Meister in jeder Faser exzellent packend. (...) Von den tollen Anfangstiteln in Form einer Fahrt durch digitale Pforten an erzeugt der aus Polen stammende Polanski eine angenehm schwebende, fast einlullende Spannung wie in seinen Paris-Thriller "Frantic", nur diesmal anläßlich eines Films des Genres Horror. Doch man oder frau sollte keinesfalls so etwas wie "Rosmaries Baby" befürchten. Irgendwie könnte man bei den "Neun Pforten" auch die ganze Zeit schmunzeln. Dazu tragen vor allem die schelmenhaften Auftritte der Emmanuelle Seigner bei: Als namenlose Retterin in letzter Sekunde verfolgt oder begleitet sie Corso, bleibt auch noch Ende des Films ein Geheimnis. "Die neun Pforten" eröffnen eine seltsame Reise, die sich keineswegs beim ersten Sehen erschließt. Seit seinem polnischen Kinodebüt "Das Messer im Wasser" war Polanski immer den Kinobesuch wert. Der Regisseur wurde bei der Verleihung der Europäischen Filmpreise Anfang Dezember für ein Lebenswerk ausgezeichnet, das sich wahrlich sehen lassen kann: "Tanz der Vampire" (1967), Rosemaries Baby" (1968), "Chinatown" (1974) und zuletzt das erschütternde Kammerspiel "Der Tod und das Mädchen" um Folter in Lateinamerika sind nur die bekanntesten der Meisterwerke. Wie schon in "Bitter Moon" bereichert Polanskis Lebenspartnerin Emmanuelle Seigner "Die neun Pforten" mit ihrer besonderen Ausstrahlung. Auch die anderen Mitarbeiter sind vom Besten: Darius Khondji nahm die perfekten Bilder auf, Dean Tavoularis erwählte das Produktionsdesign, Wojciech Kilar komponierte. Günter
H. Jekubzik
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Übernatürlicher
Okkulthorror in düsteren Brauntönen von Roman Polanski, der mehr
als 30 Jahre nach der Blutsaugerkomödie "Tanz der Vampire" wieder
zum Leinwandgrusel zurückkehrt. Unspektakulär, effektarm und
ohne wesentliche Überraschungsmomente gelingt dem Regiemeister nur
eine banale Adaption von Arturo Perez-Revertes Roman "Der Club von Dumas".
Subtilität und Vieldeutigkeit der sanften Bilder sind allerdings Trümpfe,
die zu lärmenden Teufelsschockern wie "End of Days" eine echte Alternative
bieten. Die Klasse eigener Meilensteine wie "Rosemaries Baby" oder "Chinatown"
verfehlt Roman Polanski anno 1999 aber nur allzu deutlich.
Film.de
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Roman Polanski knüpft
wieder an seine mystizistischen Anfänge im Genre des Horrorfilms an:
Er erzählt vom Buchhändler Dean Corso, der einem Kunden eine
Satans-Beschwörungsfibel beschaffen soll und dabei zwischen unheilvolle
Mächte gerät. Sein Film kommt durchaus amüsant, atmosphärisch
und unterhaltsam daher, wirkt angesicht der jüngsten Gruselfilme aber
auch etwas bodenständig, fast schon kunsthandwerklich.
Film 12/99
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Eine elegant ironische Teufelei,
ein intensiver Film über die Stille, suggestiv erzählt wie ein
fesselnd geschriebener Roman, in den man sich gern versenkt, intellektuell
wie emotional: Roman Polanskis Film ist ein spielerisch spannendes Kinovergnügen.
Sinnlich, witzig, mysteriös und mit einer guten Dosis Zwielichtigkeit
kommentiert er originell Okkultismus, Esoterik und andere Übernatürlichkeiten.
Johnny Depp ist eine Art Philip Marlowe auf den Spuren eines satanischen
Buchs, sexuell verfolgt von einem furiosen Weibsteufel (Lena Olin) und
erotisch beschützt von einem pfiffigen jungen Mädchen.
Franke Hanck,
Blickpunkt Film, 43/99
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Mit sanfter Ironie und morbiden
Bildern versteht es Polanski, seine Klassiker "Rosemaries Baby" und "Chinatown"
zu verknüpfen. Doch dann kommt der Showdown mit seiner höllischen
Symbolik (Flammen!), die dem Zuschauer nur ein Schulterzucken entlockt.
Denn das Übernatürliche ist immer unsichtbar - und unerklärlich.
Andrea Paul,
cinema
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DIE NEUN PFORTEN ist ein
schöner und ruhiger Film mit erlesenen Bildern.
Er handelt von der klassischen Filmfigur eines unwissenden Detektivs (Johnny Depp, dessen zerbrechliche Brille schon seine Unbedarftheit im Körperlichen zeigt), der auf die Suche geschickt wird: Dean Corso will nur seinen prosaischen Auftrag erledigen, drei Bücher aus dem 16. Jahrhundert zu vergleichen, in Wahrheit aber wird er in einen größeren und harten Machtkampf um einen lebensgefährlichen okkulten Ritus hineingezogen. Zu seinem Glück jedoch hat die Hölle nicht nur ihre Helden, sondern auch ihre Engel. Optisch beeindruckt der Film durch seine bezaubernden Bilder, in denen der ganze Charme Europas zerfallender Größe eingefangen wurde. Kurotokages
Filmkritiken, 1.1.2000
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Ein Teufel ist ein Teufel
ist ein Teufel
Roman Polanskis Studie eines Skeptikers Samtweich fliegt die Kamera geschwind in die Dunkelheit, ein schweres Holztor tut sich auf, und weiter geht es, tiefer hinein ins Nichts. Noch ein Tor, noch eins, solange bis das neunte erreicht ist. Vielversprechend ist dieser Beginn von Roman Polanskis neuem Film, mit dem er, so scheint es, zu seinen Anfängen zurückkehrt. Ende der 60er Jahre galt der Pole vor allem als Horrorexperte. Hatte er danach Gesellschaftskomödien und Melodramen verfilmt, kehrte er bereits in seinen letzten Filmen ("Bitter Moon", "Der Tod und das Mädchen") zum - freilich realistischen - Thriller zurück. Hier nun wird der Realismus in seiner Selbstgewißheit gebrochen, und wir dürfen ihm zuschauen, wie er verfliegt. "Die neunte Pforte" funktioniert wie ein Entwicklungsroman. Man begleitet Dean Corso (in seiner Mischung aus Arroganz und Unsicherheit überzeugend gespielt von Johnny Depp) auf einer Reise in neue unbekannte Regionen. Corso ist ein Bücherdetektiv, ganz von dieser Welt, für reiche Sammler beschafft er seltene Erstausgaben. Cool und scheinbar abgebrüht begegnet er auch seinem neuen Auftrag; für einen Okkultismus-Forscher soll er ein Buch beschaffen, das nur einmal existiert. Dessen Autor: Satan persönlich. "So ein Unsinn. Das kann doch nicht wahr sein." scheint jeder Blick Corsos zu sagen. Und welcher ernsthafte, aufgeklärte Mensch könnte schon solchen esoterischen Phantasiegespinsten glauben. Indem wir Corso auf seiner Reise ins Land des Teufels und die Reiche des Satanismus begleiten, erleben wir, wie diese Skepsis erschüttert wird. Denn allzu eindeutig sind die Zeichen, und mit der Zeit scheint sich auch die letzte rationale Erklärung für all die Merkwürdigkeiten, denen Corso ausgesetzt ist, in Luft aufzulösen. Polanski inszeniert dies beiläufig, ohne Aufwand, anspielungsreich aber ohne Schock und echten Horror, in einem Stil, den die Thriller der 70er Jahre hatten. Ähnlich wie zuletzt in Stanley Kubricks "Eyes Wide Shut" - mit dem der Film in vielem vergleichbar ist - wirkt hier das Abseitige, das dunkle Innenleben der bürgerlichen Normalität, in die diese Hauptfigur uns führt, nur zitiert. Wie durch eine Traumlandschaft reisen wir, mit skeptischem Blick, aber gebannt das Unglaubliche zur Kenntnis nehmend. Es wird schon eine Erklärung geben, glaubt man bis zum Schluß, eine Auflösung, die alles wieder ins Lot rückt, uns die hexenhafte schwarze Witwe (Lena Olin) verstehen läßt, deren Attacken Corso - und wir mit ihm - ebenso ratlos ausgesetzt ist, wie den Rettungstaten eines blonden Engels (Emmanuelle Seigner). Gibt es wirklich eine Erklärung? Polanski scheint sich anders zu entscheiden. Zwar ironisiert er dezent das ganze Genre. Ohne zu denunzieren macht er sich lustig über jene, die dem Schrecken eine Bedeutung, einen Sinn über seine reine Leere hinaus geben wollen (und es sich damit in ihm heimisch machen). Damit kommentiert Polanski zugleich die plötzliche Wiederkehr des Okkulten in den Filmen des letzten Jahres (von "End of Days" über "Blair Witch Project" bis zu "Sixth Sense"). Der Teufel ist einfach der Teufel, mehr nicht. Du kannst Dir kein Bild machen, scheint er zu sagen. Doch noch mehr inszeniert er - wie schon im Kameraflug des Beginns - bis zum Ende den Sog zur "anderen" Seite, den faszinierten Drang, der einen nicht losläßt, bis man das Ungesehene geschaut hat. So entsteht die alptraumhafte Studie eines Skeptikers, der plötzlich auch seiner Skepsis zu mißtrauen lernt. Rüdiger
Suchsland, Artechock
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